Die Züchtung und die Gentechnologie befinden sich in stetem Wandel. Das BLW als Kompetenzzentrum des Bundes verfolgt diese Veränderungen in engem Kontakt zu den Fachleuten.
Seit dem Aufkommen der Landwirtschaft im Neolithikum züchten Landwirte Saatgut. So entstand langsam und mittels schrittweiser Einkreuzung über natürliche Vermehrungswege die Pflanzenzüchtung. Die Züchtung der verbreitetsten Ackerkulturen wie Weizen oder Mais ist das Ergebnis eines langen Einkreuzungsprozesses von Pflanzen derselben Art oder derselben Familie. Erst mit der Entschlüsselung des genetischen Codes zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand eine Wissenschaft der Pflanzenzüchtung.
Wird in der konventionellen Pflanzenzüchtung Saatgut radioaktiver Strahlung oder chemischen Substanzen ausgesetzt, verändert sich das Genom zufällig an vielen Stellen. Jede Veränderung des Genoms an einer Stelle bezeichnet man als Mutationen. Jene Pflanzen, welche diese Mutagenese überleben und besonders vorteilhafte Eigenschaften für die Landwirtschaft oder Ernährung haben, werden durch Anbau ausgelesen und mittels Kreuzungen weiterentwickelt. Diese Art von Mutagenese hat seit der Anwendung in den 1970er Jahren zu mehr als 3000 vermarkteten Sorten geführt und fällt nicht unters Gentechnikrecht. Dies, weil entsprechende Produkte mit der Einführung des Gentechnikrechts mangels Rückverfolgbarkeit nicht mehr vom Markt genommen werden konnten.
Agroscope, Bundesämter sowie die zuständigen Kommissionen (EFBS, EKAH) kommen in ihrer Beurteilung, ob das Mutageneseverfahren «TEgenesis» unter das Landwirtschafts- oder Gentechnikrecht fällt, zu unterschiedlichen Beurteilungen. Der Bundesrat hat sich mit dieser Frage noch nicht beschäftigt. Die entsprechenden Stellungnahmen sind unter «Links» abrufbar. Für inhaltliche Erläuterungen des Mutageneseverfahren «TEgenesis» kann z.B. die Internetseite der EFBS konsultiert werden.
Mit der Entstehung der Molekularbiologie vor rund dreissig Jahren wurde theoretisch die Übertragung jedes beliebigen Genmaterials von einer Art zur anderen möglich, unabhängig von dessen Herkunft oder Zweck. In den 1990er-Jahren entstand eine erste Generation von gentechnisch veränderten Pflanzen (GVP). Ihr Anbau ist in der Schweiz bis heute durch ein Moratorium verboten.
Bestimmte GVP sind als Lebens- oder Futtermittel zugelassen.
In den letzten fünf Jahren wurden verschiedene neue Technologien entwickelt, die eine sehr präzise Veränderung des Genoms von Pflanzen ermöglichen. Die vielversprechendste und kostengünstigste Methode ist das sogenannte «Genome Editing». Sie basiert auf einem Enzymsystem (CRISPR-CAS) und verändert Genome mit noch nie dagewesener Präzision. Mittels dieser Techniken kann jeder beliebige Teil des Genoms ausgewählt und verändert werden, ohne «Spuren» dieser Manipulation zu hinterlassen, wodurch die bis anhin deutliche Abgrenzung zwischen GVP und nicht-GVP verwischt wird.
Rechtsbeurteilung der Genom-Editierung
Mit dem Aufkommen dieser neuen Züchtungstechnologien wird die Auslegung und Anwendung des Gesetzes schwieriger. Der Bundesrat schuf in seinem Entscheid vom 30. November 2018 die Grundlagen für eine Anpassung des bestehenden Rechts an die Gentechnologien der neusten Generation. Er hält fest, dass diese neuen Technologien zwar in technischer und rechtlicher Hinsicht grundsätzlich als gentechnische Verfahren klassifiziert werden können, aber noch nicht klar ist, «ob die so hergestellten Produkte entsprechend der heutigen Gesetzgebung als gentechnisch veränderte Organismen gelten oder nicht.»
Rückverfolgbarkeit von genomeditierten Produkten: eine technische Herausforderung
Insbesondere die gesetzlich vorgeschriebene Etikettierung mit dem Vermerk «gentechnisch verändert» erscheint für genomeditierte Produkte unzureichend, da ihre Rückverfolgbarkeit nicht in gleicher Weise wie bei transgenen GVO erfolgen kann.
Nach der Änderung von Artikel 37 Absatz 2 des Gentechnikgesetzes und als Antwort auf die Postulate: Po. (20.4211) Chevalley "Kriterien für die Anwendung des Gentechnikrechts? , Po. WBK-N (21.3980) "GVO-Moratorium: Die richtigen Informationen für die richtigen Entscheidungen" , Po. WBK-S Po. 21.4345 "Züchtungsverfahren mittels Genome Editing", veröffentlichte der Bundesrat Anfang 2023 einen Bericht mit zwei ergänzenden Gesetzesstudien.
Weiterführende Informationen
Letzte Änderung 25.05.2023
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