Die Förderung der Tiergesundheit und des Tierwohls ist von zentraler Bedeutung für eine nachhaltige Produktion tierischer Lebensmittel. Die Stärkung der Tiergesundheit durch Landwirtinnen und Landwirte sowie Tierärztinnen und Tierärzte stellt einen Paradigmenwechsel dar. Die Prävention und der One-Health-Ansatz stehen dabei im Vordergrund.
Bei der Stärkung der Tiergesundheit, inklusive das Tierwohl, werden verschiedene Aspekte berücksichtigt:
Genetik
Haltung
Fütterung
Hygiene
Tierschutz
und Management
Um die Tiergesundheit auch effektiv zu fördern ist sehr wichtig, dass diese Aspekte zusammenwirken.
One Health
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert den One-Health-Ansatz als «die Entwicklung und Umsetzung von Programmen, Strategien, Gesetzen und Forschung, bei denen verschiedene Sektoren miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten. Der One-Health-Ansatz ist entscheidend für die Bewältigung von Gesundheitsbedrohungen an der Schnittstelle zwischen Tier, Mensch und Umwelt». Die Kooperation zwischen Tierärzt/innen, Agronom/innen, Landwirt/innen, Berater/innen, Ärzt/innen und Umweltwissenschaftler/innen ist daher unerlässlich (One Health). Die Umsetzung eines One-Health-Ansatzes in der Schweiz kommt auch der Tiergesundheit zugute.
Projekte zur Tiergesundheit
Dem Bundesamt für Landwirtschaft stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um innovative Projekte der Landwirtschaft, z.B. in Zusammenhang mit einem reduzierten Antibiotikaeinsatz, finanziell zu unterstützen. Die Teilnahme von Bäuerinnen und Bauern bei der Umsetzung innovativer Projekte ist freiwillig.
Das BLW verfügt über verschiedene Instrumente, um Projekte im Bereich Tiergesundheit zu fördern:
Ressourcenprojekte
QuNaV Projekte
Forschungsprojekte
Folgende Projekte wurden vom Bundesamt für Landwirtschaft BLW unterstützt:
Es ist das Ziel des Projekts, den traditionell und marktregulatorisch wichtigen Produktionszweig der Aufzucht und Mast von Rindern nachhaltig zu stärken. Die Verbesserung der Tiergesundheit ist dafür von zentraler Bedeutung. Mit der Etablierung eines Kälbergesundheitsdienstes auf Initiative der Produzenten soll ein Paradigmenwechsel eingeleitet werden, um die gegenwärtig praktizierte Gruppen- und Einzelbehandlung kranker Tiere mehr und mehr zu ersetzen durch eine flächendeckende systematische Bestandesbetreuung mit Hilfe von Evidenzbasierten Präventionskonzepten. Die Reduzierung der ökonomischen Einbussen der Produzenten infolge akuter bzw. chronischer Erkrankungen sowie Todesfällen bei Kälbern soll die Wirtschaftlichkeit im Kälberbereich signifikant verbessern, zu einem höheren Tierwohl führen und den gesamtgesellschaftlich kritischen Einsatz von Antibiotika in der Aufzucht und Mast von Kälbern bzw. Rindern innerhalb von 6 Jahren um mindestens 50 % vermindern. Auf diese Weise gilt es, eine tiergerechte, gesellschaftlich anerkannte und damit langfristig ökonomisch tragfähige Grundlage für die Kälber- und Munimast in der Schweiz zu schaffen.
Gesunde Klauen sind eine Voraussetzung für das Wohlbefinden des Tieres, aber auch für den Erhalt der Produktivität und damit der Rentabilität des Betriebs. Die natürliche Abnutzung der Klauen ist bei steigender Anzahl Tieren im Stall nicht mehr gewährleistet, was zu veränderten Belastungen führt und Klauenerkrankungen und Lahmheiten begünstigt. Klauenerkrankungen sind nach Fruchtbarkeitsproblemen und Eutererkrankungen die dritthäufigste Ursache für Milchkuhabgänge in der Schweiz.
Das Projekt «Gesunde Klauen» wurde vom BLW als Ressourcenprojekt gefördert. Die aktive Phase des Projekts lief von 2019 bis 2024 und basierte auf der Zusammenarbeit zwischen Tierhalterinnen und Tierhaltern, Klauenpflegerinnen und Klauenpflegern sowie Tierärztinnen und Tierärzten. Ziel des Projekts ist es, die Klauenpflege zu fördern, um den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren und die Langlebigkeit der Milchkühe und damit die Rentabilität des Betriebs durch die systematische und digitalisierte Erfassung von Daten zur Klauenpflege und -gesundheit zu erhöhen. Auf diese Weise können Klauenprobleme erkannt und gezielt behandelt werden, und die gesammelten Daten bilden die Grundlage für die Entwicklung von Klauengesundheits-Zuchtwerten. In Zukunft werden diese Zuchtwerte eine gezielte Zucht ermöglichen, bei der Tiere selektiert werden, die weniger Klauenproblemen haben.
Kometian ist seit Januar 2012 aktiv. Über ein Dutzend Tierärztinnen und - ärzte mit anerkannter Weiterbildung in Komplementärmedizin sowie Tierheilpraktikerinnen und -praktiker mit ausgewiesener Ausbildung in Komplementärmedizin stellen die telefonische Unterstützung von Rat suchenden Nutztierhalterinnen und -haltern rund um die Uhr sicher. Kometian wird seit 2016 mit einem Ressourcenprojekt unterstützt, weiterentwickelt und die Wirkung der Beratung wissenschaftlich evaluiert.
Mit seinem komplementärmedizinischen Beratungsdienst für Landwirte trägt Kometian zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes bei und ist so ein wichtiger Akteur im Rahmen der Strategie Antibiotikaresistenzen StAR
Die Organisation «Nutztiergesundheit Schweiz», die 2020 von den nationalen Organisationen der Tierhalter, Tierzüchter und Viehhändler gemeinsam mit den Tierärzten, der Vetsuisse-Fakultät und der Vereinigung der Schweizer Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzte gegründet wurde, hat zum Ziel, die Gesundheit der Nutztiere zu stärken und die Nachhaltigkeit der Tierproduktion in der Schweiz zu verbessern. Die Organisation soll die Koordination sicherstellen, insbesondere durch die Förderung des Dialogs zwischen den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren, um die Synergien zur Erreichung der strategischen Ziele besser zu nutzen. Dazu gehören die Unterstützung von Behörden bei präventiven Massnahmen, die Sammlung, Aufbereitung und Verbreitung von Informationen zur Tiergesundheit, die Schaffung von Austauschplattformen für die verschiedenen Akteurinnen und Akteure, die sich für die Tiergesundheitsförderung engagieren, sowie die Entwicklung von Lösungen für spezifische Fragestellungen und die Herausforderungen hinsichtlich Digitalisierung, und das immer in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Partnern.
Im Jahr 2017 wurde im Kanton Tessin ein Pilotprojekt gestartet. Das Leitziel des Vorhabens ist die Reduktion des Antibiotikaverbrauchs, die Verbesserung der Milchqualität und die Minderung der Betriebskosten mittels Tilgung der Mastitis-Fälle, die bei Milchkühen im Kanton Tessin durch Staphylococcus aureus Genotyp B hervorgerufen werden. Dieser ansteckende Mastitis-Erreger ist stark euterassoziiert und kann über Melkanlagen von Kuh zu Kuh übertragen werden. Mittels Sanierungsmassnahmen sollen betroffene Betriebe eine Infektionsprävalenz von 0 erreichen. Das Projekt hat eine Sanierung im ganzen Kanton Tessin zum Ziel.
Die getroffenen Massnahmen haben etwa zwei Jahre zu einer erfolgreichen Eradikation des Keims Staphylococcus aureus Genotyp B im Kanton Tessin geführt.
Die Erfassung des Antibiotikaeinsatzes pro Schweinmastbetrieb ermöglicht es den Tierhaltern aufzuzeigen, wo sie im Vergleich mit dem Durchschnitt aller Betriebe stehen. Es wurde schon mehrfach gezeigt, dass dieses Wissen die Mäster motiviert, in die Tiergesundheit zu investieren und weniger Antibiotika einzusetzen.
Das Schweine Plus-Gesundheitsprogramm der beiden Anbieter SUISAG und qualiporc ist eine Weiterentwicklung der Basisprogramme der beiden Gesundheitsdienste. Ziel des Plus-Programms ist die Optimierung und Senkung des Antibiotikaeinsatzes unter Berücksichtigung der Leistungsentwicklung. Im speziell entwickelten elektronischen Behandlungsjournal (EBJ) erfassen die Produzenten sämtliche Behandlungen in ihrem Bestand. Mit einer App zum EBJ können Behandlungen auch ohne Internetzugang erfasst werden.
Bereits machen rund 35 Prozent der Schweineproduktionsbetriebe im Plus-Programm mit. Auf den 1. April 2021 wird die Teilnahme am Schweine Plus-Gesundheitsprogramm verbindlich in die Richtlinien von QM-Schweizer Fleisch aufgenommen. Bis zu diesem Zeitpunkt soll eine Flächenabdeckung von 95 Prozent erreicht werden. Erste Auswertungen von über 300'000 Behandlungen zeigen, dass der Einsatz von kritischen Antibiotika in der Schweinehaltung bereits deutlich gesenkt werden konnte. Das EBJ und die periodischen Auswertungen werden – unter Wahrung des Datenschutzes – laufend weiterentwickelt.
Das Projekt wird vom Bundesamt für Landwirtschaft im Rahmen der Verordnung über die Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft (QuNaV) unterstützt und stellt auch aus Sicht des BLW ein ambitioniertes und zukunftsweisendes Vorhaben dar.
Das Forschungsprojekt «Smart Animal Health» hat zum Ziel, eine Vielzahl von Daten über Nutztiere zu sammeln und miteinander zu verknüpfen, um Entwicklungen in der Tierhaltung und Tiergesundheit verfolgen zu können. So wird ein Überblick gewonnen, der es ermöglicht, bei Bedarf Massnahmen zu ergreifen. Die Daten werden sowohl aus amtlichen Kontrollen als auch aus privaten Quellen erhoben. Langfristig ermöglichen diese Indikatoren nicht nur die Erkennung und Förderung einer guten Tierhaltung und die Bestimmung des Gesundheitszustands der Nutztierpopulation, sondern auch die Reduzierung der Anzahl Kontrollen in Betrieben mit vorbildlicher Tierhaltung und die Beurteilung der Wirksamkeit von Massnahmen zur Verbesserung der Tiergesundheit und des Tierwohls.
Der Kanton Freiburg will den Verbrauch von Antibiotika in der Milchproduktion senken. Mit dem Projekt «ReLait» setzt er auf Prävention bei der Euter-, Gebärmutter- und Kälbergesundheit. Die Resultate aus der ersten Projektphase sind vielversprechend. In der ersten Projektphase von 2017-2020 nahmen 48 Landwirtschaftsbetriebe an «ReLait» teil. Aus den drei Bereichen entschieden sich die Landwirte mehrheitlich für die Prävention im Bereich gesunder Euter.
Erste Auswertungen des Projekts zeigen, dass die vorbeugenden Massnahmen greifen – akute und schwere Krankheitsfälle wurden verhindert. Lokale antibiotische Behandlungen reichten in der Regel aus und der Einsatz von Antibiotika, die im gesamten Körper verteilt werden, konnte beträchtlich gesenkt werden.
Eine weitere Erkenntnis aus dem Projekt ist, dass mehr nicht automatisch besser ist. Die Auswahl von mehreren Präventionsmassnahmen führte nicht zwingend zu einer grösseren Antibiotikareduktion. Entscheidender sind die gezielte Auswahl und Umsetzung eines Präventionsmoduls. Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor für zukünftige Initiativen ist die enge Betreuung und Unterstützung der Landwirtschaftsbetriebe.
Für die zweite Projektphase von 2020 bis 2024 konnten 89 zusätzliche Betriebe gewonnen werden. Diese werden die Präventionsmassnahmen während vier Jahren umsetzen. Zusammen mit den 48 Betrieben der ersten Phase wird es möglich sein, die Präventionsmodule mit der grössten Wirksamkeit zu bestimmen und den Verbrauch von Antibiotika bei der Milchproduktion weiter zu reduzieren.
Der Bund fördert innovative Projekte zur nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen und den optimierten Einsatz von Produktionsmitteln wie Pflanzenschutzmittel, Tierarzneimittel, Dünger, Futtermittel oder Energie.
12. August 2025
Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit (QuNaV)
Das BLW unterstützt im Rahmen der QuNaV Projekte, die einen Mehrwert für Schweizer Landwirtschaftsprodukte und Produktionsverfahren schaffen.
15. Januar 2025
Unterstützung von Forschungsprojekten
Das BLW kann öffentlichen oder privaten Institutionen auf Gesuch hin Beiträge für die Durchführung von Forschungsprojekten gewähren, die dem Zweck und der Ausrichtung der landwirtschaftlichen Forschung des Bundes dienen.